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Buckenberg-Kaserne
Von Stadtwiki
Die Buckenberg-Kaserne war ehemals eine Kaserne im Pforzheimer Stadtteil Buckenberg. Der Haupteingang zum Gelände befand sich an der Straßenecke Strietweg und Straße des 3. Husarenregiments. Das Kasernengelände ist über 18 Hektar groß. Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude der Kaserne wurden, bis auf wenige Ausnahmen, 2007 abgerissen.
Inhaltsverzeichnis |
Geschichte
1936-1945: Wehrmacht
Der Baubeginn der Buckenberg-Kaserne 1935 geschah unter dem Vorwand der Errichtung einer Polizeikaserne, da Pforzheim nach dem Versailler Vertrag in der entmilitarisierten Zone lag[1]. Der Erstbezug der Kaserne war im Oktober 1936 nach der Übergabe an die Wehrmacht. Ab Oktober 1936 fand hier die militärische Ausbildung statt: Das Infanterieregiment 111 war beteiligt beim Angriff auf die Niederlande, Frankreich und die Sowjetunion, die 35. motorisierte Grenadierdivision – Ausbildung von 1940 bis 1944 in der Buckenberg-Kaserne – war ebenfalls beteiligt beim Angriff auf die Sowjetunion[2].
1939 wurde Wilhelm Knodel aus Kieselbronn eingezogen; er weigerte sich, den Fahneneid zu leisten und eine Waffe in die Hand zu nehmen. Einem Gutachten der Uni-Klinik Tübingen verdankte Wilhelm Knodel sein Leben: er musste eine Zeitlang in einer Stuttgarter Kaserne in der Küche arbeiten und wurde dann entlassen (s.u. Jubiläumsschrift) Ab 1939 gab es immer wieder standrechtliche Erschießungen in der Kaserne, Zahl, Gründe (Desertation, Befehlsverweigeung) und Urteile sind noch unbekannt[3].
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges waren folgende Truppenteile der Wehrmacht in der Buckenberg-Kaserne untergebracht[4]:
Fronttruppenteile
- III. Bataillon des Infanterie-Regiment 111
- Sanitäts-Staffel
- Panzer-Pionier-Bataillon z.b.V. Pforzheim
- Landesschützen-Bataillon 408
- leichte Heimat-Flak-Batterie 29/VII
- leichte Heimat-Flak-Batterie 35/VII
Ersatztruppenteile
- Infanterie-Ersatz-Bataillon 35
- Grenadier-Ersatz- u. Ausbildungs-Bataillon (motorisiert) 35
- Grenadier-Ersatz-Bataillon (motorisiert) 35
- Reserve-Grenadier-Bataillon (motorisiert) 35
- Ersatz- u. Ausbildungs-Bataillon (M) 275
Kommandobehörden
- Festungs-Inspektion VII
- Ausbildungs-Leiter
- Wehrbezirks-Kommando
- Wehrmeldeamt
- Standortfunkstelle
- Feste Brieftaubenstelle
- Heeresfachschule (V.W.)
- Heeresfachschule (V.)
- Heeres-Standort-Verwaltung
1945-1996: US- und französische Armee ("Quartier Burnol")
- ab 1946 US-Militär
- bis 1950 US-Armee, dann Spahi-Regiment aus den nordafrikanischen Kolonien Frankreichs [5]
- 1951 (4.4.): französische Garnison in der Buckenberg-Kaserne[6]
- 1954 Nutzung der Stallungen der Spahis duch den Reiterverein[7]
- ab 1955: Spahis 1957: Freundschaftsturnier der Spahis mit dem Reitverein dito
- 1960: deutsch-französisches Reitturnier (dito)
- 1962: Spahis nach Frankreich aufgelöst und umbenannt in 3. Husarenregiment (dito)
- 1963: 3. Husarenregiment, dessen Truppen ab 1955 beteiligt waren in Kolonialkriegen bei der Unterdrückung der Befreiungsbewegungen in Marokko und Algerien (dito), der Kommandant de Grasset begeht 1963 den Feiertag der Fremdenlegion in Pforzheim und plant die Gründung einer Vereinigung ehemaliger Fremdenlegionäre [8]
- 1965: Kameradschaftstreffen von ehemaligen Fremdenlegionären, die aktiv waren in den Kriegen Frankreichs gegen die Befreiungsbewegungen in den damaligen Kolonien in Indochina, Madagaskar und später in Algerien [9]
- 1974: Im Quartier Burnol entsteht – wie in vielen Kasernen der französischen Armee - ein Soldaten-Komitee. Angelehnt an den „L’Appell des Cent“, einem Aufruf von 100 Persönlichkeiten zur Kritik an den Zuständen in der französischen Armee – verteilt eine Unterstützungsgruppe beim „Tag der offenen Tür“ an Pfingsten vor der Kaserne ein Flugblatt des Soldaten-Komitees in deutscher Sprache. Franz. Militärpolizisten wollen widerrechtlich Flugblattverteiler auf das Kasernen-Gelände zerren, kurz danach führen deutsche Polizisten Personenkontrollen durch und suchen – vergeblich - nach den inkriminierten Flugblättern. Der Text des Flugblattes des Soldaten-Komitees in deutscher Sprache lautete folgendermaßen:
ZUM TAG DER OFFENEN TÜR DES 3. HUSARENREGIMENTS
- Sie haben sich heute auf den Weg gemacht, um zum Tag der offenen Tür
- des 3. Husarenregiments zu gehen. Für uns Soldaten hat er harte Arbeit
- bedeutet, Ausgangssperre und Überstunden. Weshalb dies alles?
- Man will er Bevölkerung eine spiegelblanke Kaserne vorführen,
- schöne Räume, gutes und reichliches Essen, zufriedene Soldaten.
- WIR WISSEN, DASS DAS ALLES NUR ZUM SCHEIN GEMACHT WIRD
- DIE WIRKLICHKEIT SIEHT ANDERS AUS:
- Das Essen ist ungenießbar
- Wir haben nicht genügend sanitäre Einrichtungen
- Alle Räume sind überfüllt
- Man ist so gnädig, uns 40 DM im Monat auszuzahlen
- Man erpresst uns mit Ausgeherlaubnis und handhabt sie völlig willkürlich
- Unsere Briefe werden nicht selten geöffnet
- Es ist nicht erlaubt zu lesen, was man will.
- WIR KENNEN NUR EIN EINZIGES RECHT: MAUL HALTEN
- WER PROFITIERT VON DIESEM TAG DER OFFENEN TÜR ?
- Das Geld, das Sie dort ausgeben, kommt bestimmt nicht den Soldaten zugute, es geht an die Armee.
- Wir machen gegen unseren Willen mit. Dieser Tag ist eine Propaganda-veranstaltung, die eine Armee
- durchführt, die gegen streikende Arbeiter in Frankreich vorgeht. Ihr einziges Ziel ist es uns einzusperren.
- SPRECHEN SIE MIT DEN SOLDATEN ÜBER DIESE PROBLEME
- INFORMIEREN SIE IHRE UMGEBUNG ÜBER DIE VERHEERENDEN ZUSTÄNDE, UNTER DENNEN WIR LEBEN:
- Das Komitee der Soldaten des 3. Husarenregiments
- 1996: Bei der Abschiedsparade der französischen Armee verteilt die Friedens-Initiative ein Flugblatt mit der Überschrift: UNIFORM ADIEU – AU REVOIR EN CIVIL ! Darin wird die Traditionslinie der Militärparaden von 1936 bis 1996 und die Zurschaustellung von Tötungsgeräten kritisiert. Zugleich sind Zukunftsfragen, die Kaserne betreffend, aufgeführt, die bis heute nicht beantwortet sind, z.B. nach den Altlasten auf dem Kasernegelände, Kosten der Entsorgung und eine öffentliche Diskussion der weiteren Nutzung des Kasernengeländes und des bisherigen militärischen Sperrgebiets… [10] Mit der Verlegung des 3. Husarenregiments nach Immendingen 1996 endete die militärische Nutzung der Kaserne. Zeitweise wurde die Kaserne auch durch die Amerikaner genutzt (ab 1946). Insbesondere durch die Nike-Station, die sich im angrenzenden Hagenschieß befand.
1996-2009: Zivile Nutzung
Nach 1996 begann eine lange Zeit der Bestrebungen nach einer zivilen Umnutzung. Regionale Initativen wollten eine Nutzung durch Studentenwerk, Kunstschaffende und örtlichen Einzelhandel. Der Pforzheimer Gemeinderat lehnte einen Erwerb des in Bundeseigentum befindlichen Kasernengeländes 1999 ab und setzte auf private Investoren. Ein Wettbewerb, der den Erhalt der denkmalgeschützten Mannschaftsgebäude vorsah, führte jedoch zu keinem Erfolg.
Schließlich fand sich eine Investorengruppe, die das Gelände neu bebauen will, den Erhalt der historischen Mannschaftsgebäude aus wirtschaftlichen Gründen jedoch weitgehend ablehnt. Aus diesem Projekt ging die Konversionsgesellschaft Buckenberg hervor. Am 19. Dezember 2006 verabschiedete der Gemeinderat einen entsprechenden Bebauungsplan, so dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben das 20 ha große Gelände am 21. Dezember an die Konversionsgesellschaft verkaufen konnte.
seit 2009: Abriss und Neubauten
Der Masterplan der Konversionsgesellschaft Buckenberg sieht vor, die bestehenden Gebäude größtenteils abzureißen. Erhalten bleiben sollen die alte Waffenschmiede und die Pferdeklinik sowie die vorhandenen Biotope und der alte Baumbestand. In den Jahren 2008 und 2009 sollen auf dem Gelände 300 Wohneinheiten sowie ein Verbrauchermarkt und weitere Einrichtungen entstehen. In neueren Artikeln der hiesigen und städtischen Medien wird das Areal jetzt als "Tiergarten" bezeichnet, was insofern irreführend ist, als dass der nahegelegene "Tiergarten" in Pforzheim "Wildpark" heißt und nicht im direkten Zusammenhang mit der ehemaligen Kaserne steht. Dennoch gab es bereits eine Tiergartenstraße.
Kulturdenkmal
Die Buckenberg-Kaserne wurde von 1935 bis 1936 für die deutsche Wehrmacht nach den Plänen des Regierungsbaurats Karl Köllmel im barockisierenden Heimatschutzstil errichtet. Mehrere Pforzheimer Künstler, wie Max Kassube, Oskar Loos, Edward Mürrle und Emil Salm, schufen die Entwürfe für den Bauschmuck. Alle Gebäude waren „in Anlehnung an barocke Vorbilder im Sinne des traditionistischen Stils der Stuttgarter Bauschule mit Kunststeingewänden, Bauschmuck und Sprossenfenstern gestaltet.“[11]
Die künstlerische Gestaltung „mit Kunststeingewänden und Bauschmuck geht deutlich über den andernorts üblichen Aufwand hinaus, wobei Künstler der Pforzheimer Kunst- und Gewerbeschule mitwirkten.“[12]
Bauschmuck
Kantinenbau
Über dem Mitteleingang des Kantinenbaus befand sich ein blockartiges Wandrelief. Dieses bestand aus Kalkstein und zeigten den Heiligen Georg, als Drachentöter zu Pferde. Der Heilige Georg ist der Schutzpatron der Soldaten. Der Künstler des Werks ist unter den beteiligten Bildhauern, wie Max Kassube, Oskar Loos, Edward Mürrle und Emil Salm, zu finden.
Mannschaftsgebäude
Allegorische Reliefs befanden sich über den Treppenhausfenstern der früheren Mannschaftsgebäude mit verschiedenen Motiven:
- Soldaten
- Bürger
- Bauern
Farbglasfenster
Kantinenbau
Im Kantinengebäude schmückten zwei Farbglasfenster das Treppenhaus mit genrehaft, historisierenden Szenen, geschaffen von Emil Gaiser:
- Soldaten vor der Kulisse einer mittelalterlichen Stadt
- Abschiedszene eines Paares
Andere Gebäude
Auch in den anderen Gebäuden schmückten Farbglasfenster von Emil Gaiser repräsentative Räume der Kaserne.
Lageplan
- 1 = Wachgebäude mit Arrestzellen
- 2 = Wachgebäude mit Gendarmerie-Station
- 3 = Stabsgebäude (Kommandantur/Verwaltung)
- 4 = Unterkunftsgebäude
- 5 = Kantine/Mensa
- 6 = Munitionsdepot (Handwaffen)
- 7 = Parkplatz (Zivil) (Wohnwagen)
- 8 = Kirche
- 9 = Lazarett
- 10 = Sammelplatz
- 11 = Fahrzeughalle (Transport)
- 12 = Fahrzeughalle (VAB)
- 13 = Schwimmbecken
- 14 = Unteroffiziersheim
- 15 = Kino
- 16 = Fahrzeuggarage (Peugeot-G/VBL)
- 17 = Waffenschmiede
- 18 = Fahrzeug-Reparaturwerkstatt/Tankstelle
- 19 = Materiallager/Munition (Fahrzeuge)
- 20 = Turnhalle
- 21 = Panzerschiessstand
- 22 = Fahrzeughalle (AMX 10 RC/VAB)
- 23 = Materiallager/Wachgebäude
- 24 = Fahrzeughalle (AMX 10 RC)
- 25 = Fahrzeughalle (VAB-HOT)
- 26 = Fahrzeug-Wartungsrampe
- 27 = Unterkunft/Wache
- 28 = Parkplatz (Militär)
- 29 = geplantes Gebäude (nie vollendet) (U.S.)
- 30 = Tennisplatz (U.S.)
- 31 = Hundezwinger (U.S.)
- 32 = Garage und PX Store (U.S.)
- 33 = Unterkunftsgebäude (U.S.)
- 34 = Hindernissbahn/Waldkampfbahn
- 35 = Sportplatz
- 36 = Seilturm
- 37 = Exerzierplatz
- 38 = Panzerstrasse
- 39 = Privatwohnungen
- 40 = ABC-Trainingscenter
- 41 = Offiziersheim
Einzelnachweise
- ↑ Pforzheimer Kurier vom 28.4. 2007
- ↑ Pforzheimer Kurier vom 6.5. 2007
- ↑ Zier S. 323
- ↑ nach www.Lexikon-der-Wehrmacht.de/Kasernen/Wehrkreis05/KasernenPforzheim-R.htm
- ↑ Pforzheimer Zeitung (PZ) vom 13.10. 1986
- ↑ Groh, Das war das 20.Jahhrundert... S.55
- ↑ PZ vom 31.5. 1996
- ↑ PZ, 19.10. 1981
- ↑ PZ, 19.10. 1981
- ↑ PZ 30.5.1996, 1.6.1996, 8.6.1996
- ↑ Buckenberg- (Burnol-) Kaserne. In: Christoph Timm: Pforzheim, Kulturdenkmale im Stadtgebiet. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2004, S. 456-458, hier S. 457.
- ↑ Buckenberg- (Burnol-) Kaserne. In: Christoph Timm: Pforzheim, Kulturdenkmale im Stadtgebiet. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2004, S. 456-458, hier S. 458.
Literatur
- Hagen Franke: Militär in Pforzheim – Ein Beitrag zur Stadt- und Regionalgeschichte, Verlag regionalkultur,Ubstadt-Weiher, Heidelberg, Basel, 2011, ab S.94.
- Gerhard Brändle: Jubiläumsschrift: 100 Jahre Deutsche Friedensgesellschaft - 100 Jahre Friedensarbeit in Pforzheim, Pforzheim, November 1992
- Hans Georg Zier: Geschichte der Stadt Pforzheim, Stuttgart, 1982
- Christian Groh: Das war das 20. Jahrhundert in Pforzheim, Gudensberg-Gleichen, 2000
- Buckenberg- (Burnol-) Kaserne. In: Christoph Timm: Pforzheim, Kulturdenkmale im Stadtgebiet. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2004, S. 94, 439, 456-458.
- Strietweg 70, ehem. Buckenberg- oder Burnol-Kaserne. In: Christoph Timm: Pforzheim, Kulturdenkmale im Stadtgebiet. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2004, S. 456-458.